Patient schweift immer wieder vom Thema ab
Patient schweift immer wieder vom Thema ab
3. Informationstext
Einige Patienten schweifen während einer Therapiesitzung häufig ab, beziehungsweise halten sich sehr stark an „unwichtigen“ Einzelheiten auf oder wechseln sprunghaft das Thema so oft, dass kein roter Faden im Gespräch möglich wird.. Dabei ist es wichtig, dass der Therapeut dies bemerkt und auch so früh wie möglich darauf reagiert beziehungsweise eingeht (vgl. Jacob, Lieb & Berger 2009).
Dabei kann die Thematisierung dessen auf drei verschiedene Arten geschehen: explorativ-erklärungsorientiert, leicht konfrontativ oder stärker konfrontativ. Bei dem explorativ-erklärungstheoretischem Ansatz versucht der Therapeut vorsichtig den Patienten darauf hinzuweisen, dass er vom Thema abschweift. Dazu stellt er auch immer wieder Nachfragen und hilft dem Patienten bei der Beantwortung dieser (vgl. Noyon & Heidenreich 2020).
In dem leicht konfrontativen Ansatz sagt der Therapeut etwas direkter, dass die Therapie durch das ständige Abschweifen gestört wird, wodurch das Erreichen von Erfolgen erschwert wird. Auch wird hierbei wieder versucht die Hintergründe für dieses Abschweifen herauszufinden (vgl. Noyon & Heidenreich 2020).
Der stärker konfrontative Ansatz ist sehr ähnlich zu dem leicht konfrontativen Ansatz, wobei hier jedoch klar vermittelt wird, dass eine Therapie so nicht auflaufen kann und so auch zu keinerlei Erfolgen führen wird. Wenn dem Patienten dies bewusst gemacht wird, kann er danach entscheiden, ob er es schafft dies abzuändern oder nicht (vgl. Noyon & Heidenreich 2020).
Welcher der drei Ansätze gewählt wird hängt immer davon ab, wie häufig dieses „plaudern“ schon aufgetreten ist und ob auch vorher schon mit dem Patienten darüber gesprochen wurde. Der stärker konfrontative Satz ist als erstes Gespräch über das Abschweifen eher ungeeignet und der Patient könnte sich stark angegriffen fühlen.
Was bei allen Ansätzen jedoch gleich gemacht wird, ist das Explorieren der Hintergründe für das Abschweifen. Oft kann einer der Gründe, der persönliche Schutz vor dem Erleben von negativen Gefühlen sein. Auch sollte darüber gesprochen werden, ob es immer in bestimmten Situationen auftritt. Eine wichtige Frage hierbei ist auch, wie der Patient damit umgeht und ob er Auswirkungen, positiv oder negativ, davon spürt (vgl. Jacob, Lieb & Berger 2009).
Die Beziehung des Patienten zum Therapeuten sollte auch dadurch gestärkt werden, dass ihm bewusst gemacht wird, dass gemeinsam ein Fortschritt erreicht werden möchte, dieser jedoch dadurch gestört werden kann (vgl. Jacob, Lieb & Berger 2009) und daher einige Dinge wichtiger sind zu besprechen als andere (vgl. Noyon & Heidenreich 2020).
Aus psychodynamischer Sicht (tiefenpsychologisch/psychoanalytisch) kann ein häufiges Abschweifen oder häufiger Themenwechsel auch als (unbewusster) Widerstand gegen die Therapie verstanden werden. Unter Widerstand versteht man alle (unbewussten) Aktivitäten des Patienten, die einem guten Prozess und dem therapeutischen Fortschritt entgegenstehen. Eine moderne psychodynamische Sichtweise versteht Widerstände des Patienten als Ausdruck der Beziehung (auch Nähe/Distanz) zum Therapeuten zu regulieren. In Kapitel 20 „Widerstände sind beziehungsregulierend“ im Buch von Wöller/Kruse „Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie“ finden sich auch Techniken zur Widerstandsanalyse.
Eine Sonderform des Vielredens ist „Logorrhoe“, ein pathologischer Drang zu reden. Dies sollte abgeklärt werden, auch ob diese im Zusammenhang einer Manie auftritt